Die Bruderschaft der älteren Rosenkreuzer und die Gold- und Rosenkreuzer
Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Reinalter (Universität Cambridge)
Sonntag, 18. Juni 2017, 14.15 Uhr
Vortragssaal, Faust-Archiv
Der Geheimbund der älteren Rosenkreuzer wollte als Ziel eine sog. „Generalreformation“. Zu seinen Mitgliedern zählten die zur Zeit der Reformation bedeutendsten Wissenschaftler, darunter vor allem Pansophen, Alchemisten, Ärzte und Pädagogen. Der Bund erlangte eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für Politik und Wissenschaft. Er nahm seinen Ausgangspunkt von den rosenkreuzerischen Traktaten. Als Ziel wurde eine Gelehrtenrepublik ins Auge gefasst. Im Mittelpunkt der Traktate stand die Person des Christian Rosenkreuz, auf den wahrscheinlich die Gründung der Rosenkreuzer zurückging. Im Zentrum dieser Manifeste stand das Bewusstsein der in ihrer Entwicklung steckengebliebenen Reformation, die zwar die Lehre gereinigt hatte, aber zur Verbesserung des Lebens nichts Entscheidendes beitragen konnte. Andreae entwickelte so die Idee einer Weiterführung der Reformation. Er forderte eine Sozietät, die die Verchristlichung des humanistischen Gelehrtenstandes anstrebte. Seine Reformationsutopie wies drei Traditionen auf, die apokalyptisch-chiliastische, die alchemistisch-chiliastische Idee der Naturphilosophen und die Vorstellung von einer idealen Stadt, in der das gesellschaftliche Leben rational geregelt sein sollte. Wirkungsgeschichtlich entscheidend wurde aber Comenius, der ein pansophisches System universellen Wissens entwickelte, in dem die gescheiterte Reformation auf pragmatische Weise verwirklicht werden sollte. Im Mittelpunkt dieser Programmatik stand die Pädagogik. Er forderte ein universelles Kollegium mit Sitz in England, das alle Bünde und Bruderschaften mit dem Ziel einer Weltreformation vereinigen sollte. Aus diesem erwähnten unsichtbaren Kollegium entsprang wahrscheinlich die berühmte „Royal Society“. Zwischen der älteren Rosenkreuzerbewegung und der im 18. Jahrhundert entstandenen Bruderschaft der Gold- und Rosenkreuzer bestand kein direkter Zusammenhang. In dieser Bewegung gab es die Verbindung von Rose und Kreuz mit dem Gold, die die Zweiteilung rosenkreuzerischen Geheimwissens in Theologie und Philosophie zum Ausdruck brachte. Dieses Geheimwissen sollte im „Stein der Weisen“ zu einer Einheit zusammengeführt werden. Das Anliegen des Ordens war religiöser Natur. Im Zentrum stand eine pansophische Emanationslehre, wonach die Natur ein „Ausfluss der Schöpferkraft Gottes und somit selbst ein Stück Gottheit sei“. Dazu kam dann später eine starke Politisierung im Zuge des Differenzierungsprozesses der Aufklärung.